Was haben Matthäus, Markus, Lukas und Johannes gemeinsam? „Na das sind doch die vier Evangelisten"! werden die Bibelfesten unter euch vielleicht direkt erkannt haben.
Stimmt! Aber die vier Kollegen verbindet noch mehr – und zwar eine viel grundlegendere Sache: Sie alle sind nämlich Männer! Das ist per se erstmal natürlich keine große Sache.
Dass diese vier Männer aber als die Autoren der neutestamentlichen Evangelien in die Geschichte eingegangen sind, ist ein Beispiel dafür, wie Geschichtsschreibung lange Zeit funktioniert hat und es teilweise heute noch tut. Die Geschichtsschreibung ist nämlich vor allem männlich geprägt.
Was das für Folgen hat und warum es an der Zeit ist, das zu ändern, dazu gleich mehr! In den 90er Jahren wurde ein Historikerlexikon herausgegeben.
Darin wurden bereits verstorbene Historiker*innen aufgenommen, die das Geschichtsdenken maßgeblich beeinflusst und geprägt haben. Das Nachschlagewerk trägt fast zu Recht den nicht-gegenderten Titel „Historikerlexikon".
Denn unter die knapp 500 erwählten Persönlichkeiten schafften es sage und schreibe zwei Frauen. Richtig gehört. Zwei.
Dass Geschichtsschreibung über Jahrhunderte hinweg in der Hand von Männern lag ist irgendwie logisch. Immerhin ist die Vorstellung, dass alle Menschen gleich sind und auch Frauen vernunftbegabte Wesen, leider noch nicht ganz so lange en vogue.
Das Problem daran: Jeder Mensch schreibt ja nunmal aus der je eigenen, subjektiven Perspektive. Es ist also nicht verwunderlich, dass Männer in einer patriarchalen Gesellschaft auch für die Geschichtsschreibung verantwortlich waren und damit gleichzeitig - bewusst und unbewusst - eine Agenda verfolgt haben.
Nämlich, das eigene System und die eigenen Vorstellungen von Werten, Normen, Rollen und so weiter aufrecht zu erhalten. Die Folge: Männliche Geschichtsschreibung lässt gerne mal Frauen – und ganz besonders die unbequemen – unter den Tisch fallen.
Dass das ein echtes Problem ist, zeigen allerdings nicht nur Beispiele aus der Vergangenheit. Nach 20 Jahren Erfolgsgeschichte zieht die freie Internet-Enzyklopädie Wikipedia - zumindest was die Autor*innenschaft betrifft - ernüchtert Bilanz: