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Portugals Migrationspolitik in Corona-KriseBleiberecht gilt nicht für alle

In der Lissabonner Innenstadt wartet eine junge Frau vor dem Büro des größten portugiesischen Mirgrantenvereins SOLIM. Juliana kam vor eineinhalb Jahren aus Angola nach Portugal. Sie fand einen Job und eine Bleibe, auch ohne bei der portugiesischen Ausländerbehörde und Grenzpolizei SEF eine offizielle Aufenthaltsgenehmigung beantragt zu haben. Jetzt hat sie ihre Arbeitsstelle in einem Lissabonner Hotel verloren:

"Mir geht es wie vielen Migranten: Wir haben in dieser weltweiten Pandemie unseren Job verloren, aber wir haben keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Wir wissen nicht, wie wir die nächste Miete bezahlen sollen".

Die portugiesische Regierung hatte auf dem Höhepunkt des Corona-Ausbruchs eine ungewöhnliche Entscheidung getroffen: Alle Immigranten, die ihre Aufenthaltsgenehmigung bereits vor dem Beginn des Ausnahmezustandes am 18. März beantragt hatten, erhielten ein vorläufiges Bleiberecht und damit den Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu Sozialleistungen.

Für diesen Schritt habe Lissabon viel Lob aus dem Ausland erhalten, sagt der portugiesische Innenminister Eduardo Cabrita:

"In der Tat wissen wir von keinem anderen Land in Europa, das während der Pandemie für Asylbewerber und Immigranten eine derartig weitreichende Maßnahme ergriffen hätte. Und diese Entscheidung haben wir in genauer Absprache mit der Ausländerbehörde SEF getroffen".

Für Juliana aus Angola gilt die Regelung jedoch nicht. Da sie sich erst jetzt um die Aufenthaltsgenehmigung bemüht, ist sie offiziell weiter illegal im Land. Sie muss deshalb so lange auf Arbeitslosengeld oder eine Versorgung durch das staatliche Gesundheitssystem verzichten, bis ihrem Antrag stattgegeben worden ist.

Und hier liegt das größte Problem, sagt Timóteo Macedo, der Präsident des Mirgrantenvereins SOLIM. Die Ausländerbehörde habe schon vor der Pandemie Aufenthaltsgenehmigungen viel zu langsam bearbeitet, einen Bürokratiestau verursacht und so den Immigranten das Recht auf eine zügige Bearbeitung ihrer Anträge verwehrt. Deshalb, sagt Macedo, hätte die Regierung allen Migranten ein vorläufiges Bleiberecht einräumen sollen:

"Die Ausländerbehörde hat es vollkommen verschlafen, dass Portugal in den vergangenen Jahren immer mehr zum Ziel vieler Migranten etwa aus Asien geworden ist. Die Leute kommen hierher, weil sie um ihr Überleben kämpfen, aber vor allem auch, weil Portugal ihre Arbeitskraft braucht. Zum Beispiel in der Landwirtschaft finden viele Saisonarbeiter einen Job, aber auch in der Gastronomie, sowie im Hotel- und im Baugewerbe werden die Immigranten gebraucht".

Diese Kritik trifft die Ausländerbehörde und Grenzpolizei SEF in einem denkbar schwierigen Moment. Vor zwei Monaten sollen drei portugiesische Grenzpolizisten einen ukrainischen Bürger am Lissabonner Flughafen gefoltert und zu Tode geschlagen haben, weil der Mann sich angeblich geweigert haben soll, das Land freiwillig zu verlassen. In der Öffentlichkeit wird nun der Ruf laut nach einer tiefgreifenden Reform der Ausländerbehörde. Timóteo Macedo fordert vor allem eine strikte Trennung zwischen dem Verwaltungsbereich der Ausländerbehörde und den Aufgaben einer Grenzpolizei:

"In der SEF-Behörde findet man ein bestimmtes rechtes Denken, das an der Idee einer "Festung Europa" festhält. Dieses Gedankengut muss durchbrochen werden, damit wir auch die Grenzen in den Köpfen der SEF-Beamten abbauen können. Aber es scheint der politische Wille zu fehlen, das Problem richtig anzupacken. Wenn wir die Immigranten aber wirklich mit Recht und Würde empfangen wollen, dann brauchen wir einen öffentlichen Dienst in der SEF-Behörde, der gut funktioniert".

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