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Niedriglohnland Erzgebirge - An den Rand gedrängt

Wahlkampfauftakt der sächsischen CDU Mitte August. Für den ersten der beiden Auftritte der Kanzlerin in Sachsen hat sich die Partei für den Marktplatz von Annaberg-Buchholz entschieden. Prachtvolle Bauten erinnern hier an die Zeit, als die Stadt durch den Silberbergbau reich wurde. In einem abgetrennten Bereich vor der Bühne sitzen applaudierende CDU-Anhänger mit Wahlkampfschildern der Partei. Weiter hinten lassen über hundert Menschen ihrer Wut freien Lauf: " Hau ab" !

AfD und Pegida-Anhänger - Plakate und Transparente in der Hand - begleiten die gesamte Rede der Kanzlerin mit Pfiffen und Sprechchören. 30 Minuten, dann noch die Hymne - Merkel entschwebt zum nächsten Auftritt nach Thüringen. Während Mitarbeiter der Wahlkampagne die Bühne abbauen, wird auf dem Marktplatz hitzig diskutiert:

" Die Leute, die jahrelang, 44, 45 Jahre lang, gearbeitet haben, die können kaum leben noch. Das müsste man eigentlich mal der Frau Merkel sagen. Deswegen sind die Leute alle aggressiv. Und wenn auch dann die Ausländer hierherkommen und kriegen Geld - eine Person, dreieinhalb Tausend pro Monat - müssen wir für die bezahlen. So viel kriegen wir nicht mal. Wir kriegen 1200 für drei Schichten und können kaum leben damit. Wir müssen noch nebenbei arbeiten."

Dieser Mann hat gebuht, während die Kanzlerin gesprochen hat. Seinen Namen will er nicht nennen, er arbeite in der Zuliefererbranche für die Automobilindustrie. Klar ist: Was die Versorgung eines Flüchtlings den Staat kostet, hängt von vielen Faktoren ab. 2016 waren es nach Auskunft der Bundesregierung im Durchschnitt knapp 1000 Euro pro Monat für Flüchtlinge aus Syrien. Die vom Mann behaupteten 3500 Euro stimmen nicht. Eine gefühlte Wahrheit, die 1200 Euro Einkommen gegenüber stehen. Die Summe etwa, die einem Alleinstehenden bleibt, der zum Mindestlohn von 8,84 Euro arbeitet. Und das sind im Erzgebirge oft auch ausgebildete Fachkräfte mit jahrelanger Erfahrung.

Während einer Wahlkampfveranstaltung der CDU am 17. August 2017 protestieren Besucher auf dem Markt in Annaberg-Buchholz. Die Unzufriedenheit bezüglich der Löhne ist in dieser Region sehr hoch (imago stock& people)

" Und sie arbeiten und verdienen nicht ausreichend, werden schlecht bezahlt sagen Sie? "

" Also ich arbeite in drei Schichten, wir haben noch nie eine Lohnerhöhung gekriegt. In der Zeitung steht zwar, die Löhne seien gestiegen, aber nie im Erzgebirge. Wir kriegen nie eine Lohnerhöhung, wir haben noch nie eine gesehen! Aber immer mehr arbeiten! Wir arbeiten jeden Sonnabend. Und kriegen kein Weihnachtsgeld, keine Prämie, nur Arschtritte. Die Unternehmer werden immer brutaler. Die wollen nicht zahlen! "

Auch der Gewerkschafter Ralf Hron hat Angela Merkels Auftritt in Annaberg-Buchholz verfolgt. Hron ist Regionsgeschäftsführer für den Deutschen Gewerkschaftsbund in Südwestsachsen, die Region um Chemnitz, Zwickau und den Erzgebirgskreis. Warum zahlen die Arbeitgeber hier niedrigere Löhne als in anderen Regionen?

" Da gibt es viele viele Gründe. Der Wichtigste ist, dass sie es gewohnt waren, in Zeiten des " Personalwirtschaftlichen Paradieses" - Professor Michael Behr hat diese Theorie entwickelt - dass die gewohnt waren nach dem ostdeutschen Umbruch, immer genug Leute zu bekommen."

Hauptsache Arbeit, das sei hier lange Jahre das Credo gewesen. Mit dem Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft haben gerade junge Menschen das Erzgebirge verlassen. Diejenigen, die blieben, durften bei der Jobsuche nicht wählerisch sein. Und irgendwie kam man schon über die Runden, genügsam und mit Unterstützung der Familie und Freunde. Und dass, obwohl das Erzgebirge durchaus seine wirtschaftlichen Stärken habe, sagt Gewerkschafter Hron:

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